Sich am Vormittag beim Chef krankmelden – und am Nachmittag im Fitnessstudio die Muskeln trainieren oder entspannt im Café sitzen: Ist das erlaubt? Was Arbeitnehmende dürfen oder nicht dürfen, solange sie krankgeschrieben sind, führt immer wieder zu Konflikten – bis hin zu einer Abmahnung oder gar einer Kündigung. In diesem Artikel verraten wir Ihnen, was bei einer Krankschreibung erlaubt ist.
Inhaltsverzeichnis:
- Arbeitsunfähigkeit: Was ist erlaubt?
- Arbeitsrecht: Was ist während der Krankschreibung erlaubt?
- Kann ich eine Krankschreibung verkürzen?
- Was ist erlaubt bei Krankschreibung der Psyche?
- Krankschreibungen und arbeitsrechtliche Konflikte
- Fazit: Gesundheit hat immer Vorrang!
Arbeitsunfähigkeit: Was ist erlaubt?
Bei der Frage, was während einer Krankschreibung erlaubt ist, reicht es meist schon, den sprichwörtlichen gesunden Menschenverstand zu bemühen, unterstreicht Ingrid Brand-Hückstädt, Anwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht: „Als Faustformel sollten sich Arbeitnehmende so verhalten, dass sie möglichst schnell wieder genesen. Bei einem kräftigen Infekt beispielsweise gehört man bestenfalls ins Bett – sicherlich aber nicht ins Kino. Spaziergänge an frischer Luft hingegen können durchaus förderlich für die Genesung sein und sind daher nicht von vornherein verboten.“
Es kommt auf die individuelle Situation an
So ist es beispielsweise ein weit verbreiteter Irrglaube, dass man während der Krankschreibung zwangsläufig permanent das Bett hüten muss. Was während einer Arbeitsunfähigkeit erlaubt ist und was nicht, hängt zuvorderst von der jeweiligen Erkrankung und der individuellen Situation ab. Wer sich unsicher ist, kann am besten den eigenen Arzt befragen, ob zum Beispiel Spaziergänge oder etwas Sport gestattet sind. Unser Tipp: Wer sich dies außerdem vom behandelnden Mediziner schriftlich bestätigen lässt, geht in jedem Fall auf Nummer sicher.
Arbeitsrecht: Was ist während der Krankschreibung erlaubt?
„Tätigkeiten, die der eigenen Heilung zuträglich sind, dürfen grundsätzlich weder vom Chef noch von der Krankenkasse untersagt werden“, so Ingrid Brand-Hückstädt weiter: „Wer beispielsweise nach einem Skiunfall das Bein in Gips trägt und deshalb krankgeschrieben ist, darf durchaus ein Restaurant besuchen. Die Ausnahme bildet es, wenn der Arzt eine strenge Bettruhe verordnet hat.“
Bei Krankschreibung in den Supermarkt?
Weiterhin erlaubt sind indes – wenn es die Erkrankung und die persönliche Verfassung es zulassen – typische alltägliche Verrichtungen. Dazu zählen beispielsweise der Gang zur Apotheke, um notwendige Medikamente zu erhalten, oder der Einkauf im Supermarkt, wenn zuhause der Kühlschrank leergefegt ist.
Verreisen während der Krankschreibung – ja oder nein?
Darf ich während einer Krankschreibung verreisen – oder ist dies nicht erlaubt? Auch diese Frage führt immer wieder zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Die Antwort: Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Ein anstrengender Langstreckenflug bei einem Bandscheibenvorfall dürfte kaum der Genesung dienen.
Wenn Arbeitnehmende hingegen an hartnäckigen Atemwegserkrankungen leiden oder Neurodermitiker sind, können ein paar Tage an der Nordsee bei gesundem Klima durchaus hilfreich sein. „Allerdings sollte die Reise in jedem Fall vorher mit dem Arbeitgeber abgestimmt und von ihm genehmigt sein“, erklärt die Anwältin weiter.
Arbeiten während der Arbeitsunfähigkeit?
Eines ist bei Arbeitsunfähigkeit in jedem Fall nicht erlaubt: arbeiten! Schließlich sollte in dieser Zeit der gesamte Fokus auf eine schnelle Genesung gelegt werden. Nebenbei noch ein paar berufliche Dinge zu erledigen und sei es aus dem Homeoffice, ist dafür nicht zuträglich. Zudem kann dies versicherungsrechtliche Schwierigkeiten nach sich ziehen. Eine weitere wichtige Regel, die Sie kennen sollten: Als Arbeitnehmer sind Sie nicht verpflichtet, während der Krankschreibung permanent für Ihre Firma erreichbar zu sein.
Kann ich eine Krankschreibung verkürzen?
Etwas anders gestaltet sich die Situation, wenn sich die erkrankte Person bereits topfit fühlt – die offizielle Krankschreibung aber noch einige Tage andauert. Eine vorzeitige Rückkehr an den Arbeitsplatz ist grundsätzlich möglich.
Allerdings sollte vorher unbedingt der Arzt konsultiert werden, und auch der Arbeitgeber sollte damit einverstanden sein. Wenn er etwa Ansteckungen anderer Mitarbeiter befürchtet, kann er sein Veto einlegen. Wichtig: In jedem Fall sollte die Krankenkasse über die vorzeitige Rückkehr an den Arbeitsplatz informiert werden.
Was ist erlaubt bei Krankschreibung der Psyche?
Psychische Erkrankungen haben ihre ganz eigene Vorgeschichte und ihren eigenen Verlauf. Eine Krankschreibung wegen Problemen mit der Psyche ist daher auch nicht beispielsweise mit einem Infekt vergleichbar. So kann etwa ein Restaurantbesuch mit Freunden oder gemeinsamer Sport genau das Richtige sein, um schneller wieder zu genesen.
Das gilt ebenso für kleine Ausflüge und Reisen, wenn sie nicht mit übermäßigen Anstrengungen verbunden sind. Daher sind gerade bei psychischen Erkrankungen derartige Freizeitaktivitäten nicht von vornherein zu untersagen. In Zweifelsfällen kann hier ein klärendes Wort sowohl mit dem behandelnden Arzt als auch mit dem eigenen Arbeitgeber hilfreich sein. Zudem sollte der Chef vorher informiert werden.
Burnout-Krankschreibung: Was ist erlaubt?
Auch bei Burnout-Erkrankungen und einer deshalb erfolgten Krankschreibung gilt: Erlaubt ist alles, was der Gesundheit und der Genesung zuträglich ist. Dazu können durchaus gesellige Dinge, lange Spaziergänge oder Sport gehören. In jedem Fall ist dies immer mit dem behandelnden Therapeuten abzustimmen, um mögliche Konflikte zu vermeiden.
Krankschreibungen und arbeitsrechtliche Konflikte
„Immer wieder haben Arbeitsgerichte über Abmahnungen oder gar Kündigungen zu entscheiden, die Arbeitgeber wegen eines vermeintlich unerlaubten Verhaltens während der Krankschreibung ausgesprochen haben“, berichtet Ingrid Brand-Hückstädt weiter. Oft würden Chefs dabei die Situation verkennen und vollkommen falsch einschätzen, was während einer Arbeitsunfähigkeit erlaubt ist. Im Fall der Fälle sollten sich Arbeitnehmende also gut und umfassend juristisch beraten lassen.
Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei ohnehin nur dann rechtlich haltbar, wenn sich der Arbeitnehmer grob und vorsätzlich falsch verhält, erklärt die Juristin weiter. Das gelte zum Beispiel, wenn jemand während einer Krankschreibung schwarz arbeitet oder das eigene Haus renoviert, obwohl Bettruhe verordnet ist.
„Blau machen ist kein Kavaliersdelikt“
Oft steht zudem der Vorwurf im Raum, dass eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht werde. Sicherheit gebe in jedem Fall eine offizielle Krankschreibung durch einen Mediziner, so Ingrid Brand-Hückstädt weiter: „Eines sollten Arbeitnehmer in jedem Fall beachten: Blau zu machen ist keinesfalls ein Kavaliersdelikt, sondern kann gravierende arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.” Weitere Informationen und Tipps zum Thema Krankschreibung und Krankmeldung haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengefasst.
Fazit: Gesundheit hat immer Vorrang!
Gesundheit ist unser wertvollstes Gut – und genießt daher Priorität auch im Arbeitsleben! Bei einer Erkrankung in Ruhe genesen zu können und in dieser Zeit weiterhin Lohn zu erhalten, ist ein verbrieftes Recht. Arbeitnehmende sollte damit verantwortungsvoll umgehen – einfach „blau zu machen“, darf keine Option sein! Arbeitnehmende und Arbeitgeber sollten sich bewusst sein, was während einer Krankschreibung erlaubt ist und was nicht.
Sollte es dennoch zu arbeitsrechtlichen Konflikten kommen, stehen wir jederzeit mit Erfahrung, Kompetenz und individueller Beratung an Ihrer Seite: Denn bei einer Mitgliedschaft in der AUB verfügen Sie auf Wunsch nach drei Monaten über eine ARAG Arbeitsgerichts- und Sozialgerichtsrechtsschutzversicherung. Weitere Fragen beantworten wir Ihnen gerne jederzeit persönlich!