Wann handelt es sich lediglich um einen schlechten Scherz oder eine kleine verbale Kabbelei unter Kollegen – und wann wird daraus eine Beleidigung oder Diskriminierung? Die Grenzen können bisweilen fließend sein. Doch eines steht fest: Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Thema.

Es betrifft weit mehr Menschen, als man meinen könnte, und es kann weitreichende Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Betroffenen haben. Im folgenden Artikel betrachten wir das Thema aus drei verschiedenen Perspektiven: von Betroffenen, Beobachtern und Vorgesetzten. Zudem beleuchten wir die rechtlichen Aspekte und geben praktische Tipps zur Prävention und Intervention.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Definition: Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?
  2. Mobbing am Arbeitsplatz: Anzeichen und Muster
  3. Was tun bei Mobbing am Arbeitsplatz?
  4. Rechtliche Schritte bei Mobbing am Arbeitsplatz
  5. Checkliste: Maßnahmen bei Mobbing am Arbeitsplatz
  6. Fazit

Definition: Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Als Mobbing am Arbeitsplatz werden systematische Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierungen bezeichnet, die zumeist über einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden und eine Person oder einen Personengruppe gezielt ausgrenzen oder schädigen sollen. Mobbing kann jede und jeden betreffen.

Neue Zahlen zu Mobbing am Arbeitsplatz

Aktuelle Zahlen, welche die Unternehmensberatung EY im April 2024 veröffentlicht hat, belegen dies: Laut dieser europaweiten Umfrage mit 1.800 Teilnehmenden hat jede und jeder dritte nicht-leitende Angestellte (33 Prozent) schon einmal Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt. Fast ebenso viele Beschäftigte (30 Prozent) wurden laut eigener Aussage sogar Opfer von Mobbing. Und: Weniger als jeder zweite Vorfall wird überhaupt gemeldet.

Was zählt zu Mobbing am Arbeitsplatz?

„Mobbing kann in verschiedenen Formen auftreten, dazu zählen beispielsweise verbale Angriffe, soziale Isolation, ständige Kritik an der Arbeit oder unfaire Arbeitsverteilung. Nicht nur die Betroffenen selbst, sondern häufig auch das gesamte Arbeitsumfeld leiden darunter. Deshalb darf das Thema nicht verschwiegen werden, sondern sollte – auch wenn es manchen Arbeitnehmenden schwerfällt – frühzeitig angesprochen werden“, empfiehlt Ingrid Brand-Hückstädt, erfahrene Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Ansprechpartner beim AUB

Ingrid Brand-Hückstädt erklärt dazu: „Für Betroffene und Betriebsräte, die Rat in dieser schwierigen Situation suchen, stehen die Expertinnen und Experten jederzeit für ein vertrauensvolles Gespräch zur Verfügung.“ Eine kurze Kontaktaufnahme reicht dazu aus.

Mobbing am Arbeitsplatz: Anzeichen und Muster

Wie schon oben beschrieben, sind die Grenzen zwischen einem misslungenen Scherz oder einer Anfeindung bisweilen fließend. Viele Anzeichen für Mobbing wirken subtil und gehen weit über eine persönliche Beleidigung hinaus. Oft werden diese Verhaltensweisen nicht sofort als Mobbing erkannt. Hier einige Beispiele:

  • Verdeckte Kritik: Ständige, abwertende Kommentare über die Arbeit einer Person, die nicht konstruktiv sind.
  • Soziale Isolation: Kollegen werden systematisch von gemeinsamen Aktivitäten oder informellen Gesprächen ausgeschlossen.
  • Informationsentzug: Wichtige Informationen werden gezielt vorenthalten, um Fehler zu provozieren.
  • Unfaire Arbeitsverteilung: Eine Person erhält ständig die unangenehmsten oder schwierigsten Aufgaben ohne nachvollziehbaren Grund.

Zwei besondere Formen von Mobbing

  1. Straining: Straining ist ein gängiger, wenn auch noch junger Begriff unter Mobbing-Experten. Der forensische Psychologe Dr. Harald Ege hat ihn in einem Fachbuch geprägt und beschreibt damit eine subtile Art von Mobbing. Dabei übt eine Person (der Strainer) dauerhaft, absichtlich und diskriminierend Stress auf andere aus, mit dem Ziel, diese Personen herabzuwürdigen.
  • Gaslighting: Der Mobbing-Begriff Gaslighting stammt ebenfalls aus der Psychologie und beschreibt eine besonders subtile und perfide Form. Dabei stellt der Täter wiederholt falsche Behauptungen auf, die das Opfer allmählich an der eigenen Wahrnehmung zweifeln lassen. Dies kann bis hin zu ernsthaften Erkrankungen und zur Aufgabe des Arbeitsplatzes durch das Opfer führen.

Maßnahmen: Was tun bei Mobbing am Arbeitsplatz?

Soweit die Diagnose. Doch was sollen Betroffene, aber auch Mitarbeitende und Arbeitgeber im Fall eines Mobbing-Verdachts tun? Ein Verschweigen ist ebenso fehl am Platz wie vorschnelle Verurteilungen. Im Folgenden betrachten wir die Positionen unterschiedlicher Personengruppen im Unternehmen.

Als Betroffener: Mobbing nicht verschweigen

Wenn Sie selbst von Mobbing betroffen sind, ist es wichtig, umgehend aktiv zu werden und vertrauenswürdige Ansprechpartner im Unternehmen zu finden. Hier einige grundlegende grundlegende Empfehlungen daut dazu:

  1. Dokumentation: Führen Sie ein detailliertes Tagebuch über alle Mobbing-Vorfälle. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und genaue Beschreibungen der Vorfälle.
  2. Gespräch suchen: Sprechen Sie mit dem Mobber, falls möglich, und machen Sie deutlich, dass Sie dieses Verhalten nicht tolerieren. Mitunter ist sich der Mobber seiner Handlungen gar nicht bewusst.
  3. Hilfe holen: Wenden Sie sich an eine Vertrauensperson, den Betriebsrat oder eine externe Beratungsstelle.
  4. Rechtliche Schritte prüfen: Informieren Sie sich über rechtliche Schritte. In schweren Fällen kann eine Klage wegen Mobbing in Betracht gezogen werden. Denn Mobbing-Opfer haben klare Rechte, derer sie sich bewusst machen sollen.

Als Beobachter: Mobbing am Arbeitsplatz melden

Wenn Sie Mobbing bei anderen beobachten, können und sollten Sie ebenfalls aktiv werden:

  1. Unterstützung anbieten: Zeigen Sie der betroffenen Person, dass sie nicht allein ist. Hören Sie zu und bieten Sie Unterstützung an.
  2. Intervention: Sprechen Sie den Mobber direkt an und machen Sie klar, dass dieses Verhalten inakzeptabel ist. Manchmal reicht schon das Eingreifen einer dritten Person, um das Mobbing zu stoppen.
  3. Meldung machen: Nutzen Sie Ansprechpartner etwa im Betriebsrat oder das anonyme Meldesystem gemäß Hinweisgeberschutzgesetz, das in Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden vorhanden sein muss. Diese Regelung ist im Juli 2023 in Kraft getreten, um Personen zu schützen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit auf Verstöße aufmerksam werden und diese melden.

Als Vorgesetzter: Mobbing vorbeugen am Arbeitsplatz

Als Vorgesetzter haben Sie eine besondere Verantwortung und Verpflichtung, Mobbing vorzubeugen und ein vertrauensvolles, diskriminierungsfreies Arbeitsklima zu schaffen. Arbeitgeber sind aufgrund ihrer Fürsorgepflicht (§§ 617 bis 619 BGB) verpflichtet, Mobbing am Arbeitsplatz zu verhindern:

  1. Klare Regeln und Werte: Etablieren Sie eine Unternehmenskultur, die Respekt und Zusammenarbeit fördert. Klare Richtlinien gegen Mobbing sollten kommuniziert und durchgesetzt werden.
  2. Schulungen: Führen Sie regelmäßige Schulungen zum Thema Mobbing und Konfliktbewältigung durch. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden für das Thema.
  3. Offene Kommunikation: Fördern Sie eine offene Kommunikationskultur, in der Mitarbeitende ihre Sorgen und Probleme ohne Angst vor Repressalien äußern können.
  4. Schnelle Reaktion: Handeln Sie bei Mobbing-Vorfällen sofort. Eine schnelle und entschlossene Reaktion zeigt, dass Mobbing im Unternehmen keinesfalls toleriert wird.

Rechtliche Schritte bei Mobbing am Arbeitsplatz

Ist Mobbing am Arbeitsplatz strafbar? Fachanwältin Ingrid Brand-Hückstädt stellt klar: „Mobbing selbst ist im deutschen Strafrecht nicht explizit als Straftatbestand definiert. Allerdings können einzelne Handlungen, die im Rahmen von Mobbing stattfinden, strafbar sein, wie zum Beispiel Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Körperverletzung (§ 223 StGB). Auch arbeitsrechtliche Schritte wie Abmahnung oder Kündigung können in Betracht gezogen werden.“

Rechte von Betroffenen und Betriebsräten

Arbeitnehmende, die von Mobbing betroffen sind, haben das Recht, sich beim Betriebsrat zu beschweren. Ingrid Brand-Hückstädt erklärt: „Gemäß §104 BetrVG kann der Betriebsrat die Versetzung oder Kündigung eines Arbeitnehmers verlangen, wenn dieser durch wiederholtes Mobbing den Betriebsfrieden stört. Laut §75 BetrVG ist der Betriebsrat sogar verpflichtet, aktiv gegen Mobbing vorzugehen, selbst wenn keine offizielle Beschwerde vorliegt.“

Hinzu kommen einige weitere rechtliche Aspekte – bis hin zum Grundgesetz und dessen Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Vor diesem Hintergrund kann Mobbing als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechts auf körperliche und seelische Unversehrtheit verstanden werden.

Nicht zum Opfer machen lassen

Rechtsanwältin Ingrid Brand-Hückstädt liegt ein weiterer Punkt am Herzen: „Ganz wichtig unabhängig von allen juristischen Möglichkeiten: Lassen Sie sich nicht zum Opfer machen! Geben Sie sich niemals selbst auf, nur weil jemand im Betrieb Sie als Zielscheibe ausgesucht hat. Wehren Sie sich!“

Checkliste: Maßnahmen bei Mobbing am Arbeitsplatz

Zusammengefasst hier nochmals die wichtigen Maßnahmen, um Mobbing am Arbeitsplatz vorzubeugen oder im Fall von Mobbing zielgerichtet zu handeln:

Präventive Maßnahmen

  • Kultur der Achtsamkeit: Arbeitgeber sollten eine Kultur der Achtsamkeit und des gegenseitigen Respekts schaffen, unterstützen und fördern.
  • Regelmäßige Feedbackgespräche: Durch regelmäßige Feedbackgespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden können Probleme oder Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden.
  • Team-Building-Maßnahmen: Der Zusammenhalt im Team lässt sich durch gemeinsame Aktivitäten und Projekte fördern.

Intervention bei akuten Fällen

  • Mobbing-Verdachtsfälle nicht verschleiern: Beobachter sollten direkt Vorgesetzte sowie den Betriebsrat informieren.
  • Konfliktlösung: Mediationsgespräche zwischen den beteiligten Parteien können dazu beitragen, Konflikte zu lösen.
  • Intervenieren: Mobbing-Täter sollten umgehend in ihre Schranken gewiesen werden.
  • Grenzen aufzeigen: Bei Bestätigung eines Mobbing-Verdachts sollten umgehend Konsequenzen erfolgen.
  • Hilfe suchen: Mobbing-Opfer benötigen die Unterstützung und die Solidarität Ihrer Kolleginnen und Kollegen sowie des Betriebsrates.

Fazit

Bei Mobbing am Arbeitsplatz handelt es sich um ein komplexes und vielschichtiges Problem, das eine proaktive und entschlossene Herangehensweise erfordert. Jede dritte Person war laut einer aktuellen Umfrage bereits davon betroffen. Doch ob als Betroffener, Beobachter oder Vorgesetzter – alle können Beiträge dazu leisten, Mobbing zu erkennen, zu bekämpfen und vorzubeugen. Durch klare Regeln, offene Kommunikation und gezielte Maßnahmen entsteht ein gesundes und respektvolles Arbeitsumfeld, in dem Mobbing keinen Platz (mehr) hat.

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