Mit der Betriebsratswahl können Arbeitnehmende ihre Rechte im Zuge der betrieblichen Mitbestimmung wahrnehmen. Der Ablauf einer Betriebsratswahl mag auf den ersten Blick kompliziert wirken – doch Formalien und klare Strukturen sind wichtig, um Rechtssicherheit und Fairness zu gewährleisten. In diesem Artikel erfahren Sie Schritt für Schritt alle Details zum Ablauf der Betriebsratswahl, lernen die Unterschiede zwischen dem normalen und dem vereinfachten Wahlverfahren kennen und lesen, was bei der Briefwahl, Stützunterschriften sowie bei der Anfechtung von Wahlen zu beachten ist.

Inhaltsverzeichnis

  1. Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen für Betriebsratswahlen
  2. Zusammensetzung und Aufgaben des Wahlvorstands
  3. Wahlverfahren im Überblick
  4. Wie geht eine Betriebsratswahl? Ablauf nach dem normalen Verfahren
  5. Betriebsratswahl im vereinfachten Verfahren: Ablauf und Besonderheiten
  6. Die Briefwahl: Ablauf und Anforderungen
  7. Mögliche Beschwerden und Anfechtungen der Betriebsratswahl
  8. Fazit

Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen für Betriebsratswahlen

Die Betriebsratswahl ist in Deutschland durch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Damit eine Betriebsratswahl durchgeführt werden kann, müssen einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

  • Betriebsgröße: Die Wahl eines Betriebsrats ist in Betrieben mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern möglich, von denen drei wählbar sein müssen.
  • Wahlberechtigung: Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16.Lebensjahr vollendet haben. Ausgenommen sind leitende Angestellte, da diese als Teil der Unternehmensführung gelten.
  • Wählbarkeit: Wählbar sind alle Arbeitnehmer, die mindestens sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind und das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Die regelmäßigen Wahlen finden alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt, das nächste Mal im Jahr 2026. Alle Details zu den Betriebsratswahlen 2026 haben wir für Sie in einem weiteren Blog-Artikel zusammengefasst.

Zusammensetzung und Aufgaben des Wahlvorstands

Der Wahlvorstand bildet das zentrale Gremium für die Organisation und Durchführung der Betriebsratswahl. Er wird entweder vom bestehenden Betriebsrat eingesetzt oder, falls kein Betriebsrat existiert, in einer Betriebsversammlung gewählt. Ingrid Brand-Hückstädt, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Expertin im Betriebsverfassungsrecht, erklärt dazu: „Der Wahlvorstand besteht in der Regel aus drei Mitgliedern, von denen eine Person als Vorsitzender fungiert. Alle Personen im Wahlvorstand tragen gemeinsam die Verantwortung dafür, dass der Wahlprozess nach den gesetzlichen Vorgaben des BetrVG durchgeführt wird.“

Kernaufgaben des Wahlvorstands

  • Die Erstellung der Wählerliste: Sie umfasst alle wahlberechtigten Mitarbeitenden und ist die Grundlage für die Wahl. Arbeitnehmer können Einwände gegen die Wählerliste erheben, der Wahlvorstand ist verpflichtet, diese Einwände zu prüfen.
  • Das Wahlausschreiben: Es informiert die Belegschaft über den anstehenden Wahltermin, den Zeitplan der Wahl und weitere relevante Details, wie die erforderliche Anzahl der Stützunterschriften.
  • Die Entgegennahme der Wahlvorschläge: Wahlvorschläge müssen bestimmte Kriterien erfüllen, um zugelassen zu werden, etwa die Sammlung von Stützunterschriften.
  • Die Durchführung der Wahl: Am Wahltag beaufsichtigt der Wahlvorstand die Stimmabgabe, um einen rechtssicheren, demokratischen Ablauf zu gewährleisten.

Ein gut organisierter Wahlvorstand ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Betriebsratswahl, da er alle organisatorischen Hürden meistern muss, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.

Wahlverfahren im Überblick

Grundsätzlich werden zwei wesentliche Verfahren zur Durchführung einer Betriebsratswahl unterschieden: das normale und das vereinfachte Wahlverfahren. Beide Verfahren sind im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt und richten sich nach der Größe des Betriebs. Im Folgenden schauen wir uns beide Wege zu einem neuen Betriebsrat, den jeweiligen Ablauf und die Voraussetzungen im Detail an.

Normales Wahlverfahren

Das normale Wahlverfahren wird in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmenden angewendet. Es folgt einem streng regulierten Zeitplan, bei dem der Wahlvorstand mehrere Fristen einhalten muss. Ingrid Brand-Hückstädt erläutert dazu: „In großen Betrieben, beispielsweise mit 5000 Arbeitnehmenden, kann dieses Verfahren schon mal sehr komplex sein und eine Menge Zeitaufwand und Wissen des Wahlvorstandes erfordern.“

Vereinfachtes Wahlverfahren

In kleineren Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten kann das vereinfachte Wahlverfahren zum Einsatz kommen. Hierbei entfallen einige der formalen Schritte, die das normale Verfahren auszeichnen, und der gesamte Prozess wird deutlich beschleunigt. Auch im vereinfachten Verfahren bleibt der Wahlvorstand verantwortlich, die Wahl ordnungsgemäß durchzuführen.

Wie geht eine Betriebsratswahl? Ablauf nach dem normalen Verfahren

Der erste Schritt im Ablauf zur Betriebsratswahl ist die Erstellung eines Wahlausschreibens durch den Wahlvorstand. Sie muss mindestens sechs Wochen vor dem Wahltag erfolgen. In dem Wahlausschreiben müssen unter anderem folgende Informationen enthalten sein:

  • Das Datum der Wahl
  • Der Ort der Wahl
  • Die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder
  • Ein Hinweis auf das Einsichtsrecht in die Wählerliste
  • Die Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen
  • Die Mindestzahl von Wahlberechtigten, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muss

Das Wahlausschreiben muss so im Betrieb ausgehängt oder elektronisch bekannt gemacht werden, dass es allen Wahlberechtigten zugänglich ist.

Erstellung der Wählerliste

Die Wählerliste enthält alle wahlberechtigten Mitarbeiter des Betriebs. Sie ist ein entscheidendes Dokument im Wahlprozess, denn nur die Personen auf dieser Liste dürfen an der Wahl teilnehmen. Die Wählerliste muss korrekt und vollständig sein, da Fehler zur Anfechtung der Wahl führen können. Arbeitnehmende haben das Recht, Einwände gegen die Wählerliste zu erheben, zum Beispiel wenn ihre persönlichen Daten nicht stimmen.

Einreichung von Wahlvorschlägen und Stützunterschriften

Innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens können Arbeitnehmende Wahlvorschläge einreichen. Diese müssen von einer bestimmten Anzahl an wahlberechtigten Kollegen unterstützt werden – die sogenannten Stützunterschriften. „In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind keine Unterschriften erforderlich, in Betrieben mit 21 bis 100 Wahlberechtigten genügen zwei Unterschriften, in größeren Betrieben ab 100 Wahlberechtigten muss der Wahlvorschlag von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten Belegschaft unterstützt werden“, schildert Fachanwältin Ingrid Brand-Hückstädt.

Die Wahlvorschläge müssen eine Reihe formaler Kriterien erfüllen, um gültig zu sein. Der Wahlvorstand prüft die Vorschläge und gibt bekannt, welche Kandidaten zur Wahl zugelassen sind. Gut zu wissen: Nicht der Wahlvorstand entscheidet, ob es im Betrieb zu einer Listenwahl (mehrere Mitarbeiter bilden gemeinsam eine Liste) oder einer Persönlichkeitswahl (einzelne Mitarbeiter stellen sich zur Wahl) kommt, sondern die Arbeitnehmenden selbst. Stehen mehr als zwei Listen zur Wahl, hat jeder Arbeitnehmende nur eine Stimme für eine Liste. Findet eine Persönlichkeitswahl statt, hat jeder Arbeitnehmende so viele Stimmen wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind.

Durchführung der Wahl

Am durch den Wahlvorstand festgelegten Termin wird die Betriebsratswahl in geheimer und direkter Wahl durchgeführt. Dies bedeutet, dass die Stimmabgabe anonym erfolgt und alle Arbeitnehmenden ihre Stimme persönlich abgeben müssen. Der Wahlvorstand ist dafür verantwortlich, dass der Wahlvorgang reibungslos abläuft und alle Wahlberechtigten die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben.

Auszählung der Stimmen und Bekanntgabe der Ergebnisse

Nach der Stimmabgabe werden die Stimmen öffentlich ausgezählt. Der Wahlvorstand ermittelt die gewählten Mitglieder des Betriebsrats und gibt das Wahlergebnis bekannt.

Betriebsratswahl im vereinfachten Verfahren: Ablauf und Besonderheiten

Das vereinfachte Wahlverfahren findet in Betrieben mit bis zu 100 Arbeitnehmenden Anwendung und unterscheidet sich vor allem in der Geschwindigkeit und den Fristen vom normalen Verfahren. In der Regel wird die Wahl in einer einzigen Wahlversammlung durchgeführt. Der gesamte Wahlprozess kann so innerhalb weniger Tage abgeschlossen werden.

Die Briefwahl: Ablauf und Anforderungen

In einigen Situationen, etwa bei großen oder dezentral organisierten Unternehmen, kann eine Briefwahl notwendig sein, um allen Wahlberechtigten die Teilnahme zu ermöglichen. Die Briefwahl muss in der Wahlankündigung angekündigt werden und unterliegt strengen organisatorischen Anforderungen:

  • Wahlunterlagen: Der Wahlvorstand muss den wahlberechtigten Arbeitnehmenden die erforderlichen Unterlagen für die Briefwahl rechtzeitig zukommen lassen. Diese umfassen die eidesstattliche Versicherung zur persönlichen Stimmabgabe, einen Stimmzettel, einen Umschlag für den Stimmzettel sowie einen weiteren frankierten Umschlag zur Rücksendung.
  • Rücksendung: Die wahlberechtigten Arbeitnehmenden haben den ausgefüllten Stimmzettel in dem Umschlag zu anonymisieren und zusammen mit der persönlichen Erklärung an den Wahlvorstand zurückzusenden. Der Wahlvorstand hat dabei sicherzustellen, dass alle eingesandten Wahlzettel bis zum Wahltag vorliegen und ordnungsgemäß verwahrt werden.
  • Stimmabgabe und Auszählung: Am Wahltag werden die Briefwahlunterlagen zusammen mit den persönlich abgegebenen Stimmen ausgewertet. Der Wahlvorstand öffnet die Umschläge und zählt die Stimmen unter Beachtung aller Anforderungen an Datenschutz und Anonymität.

Die Briefwahl trägt dazu bei, die Flexibilität und Fairness des Wahlprozesses zu erhöhen, insbesondere in Unternehmen mit großer räumlicher Ausdehnung oder mit Mitarbeitern im Außendienst.

Mögliche Beschwerden und Anfechtungen der Betriebsratswahl

Der Ablauf einer Betriebsratswahl muss transparent und rechtssicher gestaltet sein, um eine Anfechtung zu vermeiden. Dennoch kann es zu Unregelmäßigkeiten kommen, die eine Beschwerde oder Anfechtung der Wahl rechtfertigen. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu sind im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) festgelegt. Mindestens drei Arbeitnehmende oder auch der Arbeitgeber können eine Betriebsratswahl unter bestimmten Umständen anfechten.

Gründe für eine Anfechtung

Es gibt mehrere Gründe, warum eine Betriebsratswahl angefochten werden kann. Zu den häufigsten gehören:

  • Fehler in der Wählerliste: Wenn Mitarbeitende, die wahlberechtigt sind, nicht auf der Wählerliste stehen oder Nicht-Wahlberechtigte auf der Liste geführt werden, kann dies als Grund zur Anfechtung der Wahl dienen.
  • Unzulässige Wahlvorschläge: Falls Wahlvorschläge nicht korrekt eingereicht oder unzulässig waren (zum Beispiel durch fehlende Stützunterschriften), liegt ein Anfechtungsgrund vor.
  • Verstöße gegen die Wahlordnung: Jede Missachtung der formalen Anforderungen an den Wahlprozess, wie etwa unzulässige Einmischung des Arbeitgebers, falsche Bekanntmachung der Wahl oder fehlerhafte Durchführung der Stimmabgabe, kann zur Anfechtung führen.

Fristen und rechtliche Konsequenzen

Beschwerden gegen die Betriebsratswahl müssen innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses eingereicht werden. Zuständig ist das Arbeitsgericht, das über die Gültigkeit der Anfechtung entscheidet. Wird die Wahl erfolgreich angefochten, bedeutet dies nicht automatisch, dass der gewählte Betriebsrat sofort abberufen wird.

Ingrid Brand-Hückstädt klärt auf: „Das Gericht kann entscheiden, ob die Wahl für ungültig erklärt wird und unter Umständen eine Neuwahl angeordnet wird. In der Zwischenzeit bleibt der Betriebsrat jedoch bis zur endgültigen Entscheidung im Amt. Anders bei der Feststellung einer Nichtigkeit der Betriebsratswahl: Bei gravierenden Fehlern bei der Durchführung der Betriebsratswahl, die alle demokratischen Grundregeln außer Acht lassen, wird der gewählte Betriebsrat sofort aufgelöst und es kommt zu einem betriebsratslosen Betrieb.“

Fazit

Der Ablauf einer Betriebsratswahl ist wohlweislich gut strukturiert, um die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmenden zu sichern. Ob im normalen oder im vereinfachten Verfahren – jede Betriebsratswahl folgt einem klaren Ablauf, der sicherstellt, dass alle Wahlberechtigten die Möglichkeit haben, ihre Interessenvertretung demokratisch zu wählen.

Ein transparenter und fairer Wahlprozess stärkt das Vertrauen der Arbeitnehmer in ihre betriebliche Interessenvertretung und legt den Grundstein für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung. Möchten Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Bei der AUB erhalten Sie gewerkschaftsunabhängig umfassende Beratung, Unterstützung und Schulungsangebote rund um die Betriebsratswahlen.

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