Zeitarbeit ist schon lange zu einem festen Bestandteil des deutschen Arbeitsmarktes geworden. Keine Frage, für Unternehmen ist dieses Instrument hochinteressant, um ihre Personalplanung zu flexibilisieren. Für Arbeitnehmer kann sie – zumindest auf dem Papier – eine Chance zum Wiedereinstieg ins Berufsleben oder zum Sammeln von Berufserfahrung sein.

Doch die Realität vieler Leiharbeiter zeichnet ein anderes Bild. Schlechtere Bezahlung, unsichere Perspektiven und die mangelnde Gleichbehandlung gegenüber Stammbeschäftigten sorgen seit Jahren für Kritik. Wie gut steht es tatsächlich um die Rechte von Leiharbeitern? Was ist gesetzlich geregelt, wo gibt es Schlupflöcher und worauf müssen Betroffene besonders achten? Dieser Artikel gibt Ihnen einen kritischen, aber sachlichen Überblick.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was bedeutet Zeitarbeit für Arbeitnehmer konkret?
  2. Rechte von Leiharbeitern – die Grundlagen
  3. Equal Pay: Realität oder nur eine Wunschvorstellung?
  4. Höchstüberlassungsdauer – keine dauerhafte Lösung
  5. Ältere Arbeitnehmer in der Zeitarbeit
  6. Zeitarbeit bleibt ein umstrittenes Instrument
  7. Fazit

Was bedeutet Zeitarbeit für Arbeitnehmer konkret?

Bei der Zeitarbeit werden Arbeitnehmer von einem Personaldienstleister fest angestellt. Dieser „Verleiher“ überlässt die Arbeitskraft dann vorübergehend an einen Einsatzbetrieb – den sogenannten „Entleiher“. Für den Leiharbeiter bedeutet das: Er arbeitet im Betrieb des Entleihers, erhält sein Gehalt aber von der Zeitarbeitsfirma. Dieses dreiseitige Arbeitsverhältnis ist rechtlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt.

Grundsätzlich sollen Leiharbeiter nicht schlechter gestellt werden als festangestellte Kollegen. Doch Theorie und Praxis klaffen häufig auseinander. Als unabhängige Arbeitnehmervertretung fordern wir von Seiten der AUB daher konsequent Verbesserungen.

Ein zentrales Anliegen ist dabei die längst überfällige, flächendeckende Umsetzung des sogenannten „Equal Pay“ – also gleicher Lohn für gleiche Arbeit. „Das Prinzip Equal Pay wird viel zu oft unterlaufen. Zeitarbeit darf keine Billigschiene für Unternehmen bleiben“, warnt Rainer Knoob, Vorstandsvorsitzender der AUB.

Rechte von Leiharbeitern

Leiharbeitnehmer haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Beschäftigte – zumindest auf dem Papier. Dazu gehören:

  • Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn keine anderweitigen tariflichen Vereinbarungen für einen höheren Lohn bestehen.
  • Urlaubsanspruch von mindestens 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche, tariflich häufig mehr.
  • Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen.
  • Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen wie Kantinen oder Pausenräumen im Einsatzbetrieb.
  • Recht auf Information über offene Stellen im Einsatzbetrieb.

Hinzu kommt der grundsätzliche Anspruch auf gleiche Behandlung hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Sicherheit am Arbeitsplatz. Doch so eindeutig die gesetzlichen Vorgaben wirken – in der Praxis gibt es zahlreiche Grauzonen und Umgehungsstrategien, die Leiharbeiter benachteiligen. „Das gilt insbesondere für das sensible Thema der Entlohnung. Als AUB treten wir energisch für eine flächendeckende Umsetzung des Prinzips Equal Pay ein“, sagt Rainer Knoob weiter.

Equal Pay: Realität oder nur eine Wunschvorstellung?

Ein zentrales Thema bleibt das Prinzip „Equal Pay“ – gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Nach § 8 AÜG haben Leiharbeiter spätestens nach neun Monaten ununterbrochenem Einsatz im selben Entleihbetrieb Anspruch auf das gleiche Entgelt wie vergleichbare Festangestellte. Dazu zählen neben dem Grundlohn auch Zuschläge für Nacht- oder Sonntagsarbeit sowie Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

Doch Erfahrungen zeigen, dass dieses Prinzip in der Praxis häufig ausgehöhlt wird. Rainer Knoob von der AUB erklärt: „Durch sogenannte Branchentarifverträge und ständige Wechsel der Einsatzorte wird Equal Pay systematisch verhindert. Die Zeitarbeit bleibt so für viele ein Niedriglohnmodell.“ Tatsächlich erlauben es Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche, die Gleichstellung beim Lohn hinauszuzögern oder ganz zu umgehen – ein Zustand, den Arbeitnehmervertreter seit Jahren kritisieren.

Gehalt und Tarifverträge – ein komplexes Geflecht

Neben dem gesetzlichen Mindestlohn regeln die großen Tarifverträge der Branche – etwa die Vereinbarungen mit dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) – weitere Details zu Löhnen und Arbeitsbedingungen. Die Entgelttabellen sehen gestaffelte Löhne je nach Tätigkeit, Qualifikation und Erfahrung vor.

Ein Beispiel: Für einfache Tätigkeiten erhalten Leiharbeiter ab 2025 mindestens 13,10 Euro pro Stunde. Für fachlich anspruchsvollere Tätigkeiten können es rund 14,20 Euro sein, qualifizierte Facharbeiter verdienen etwa 17 Euro.

Allerdings bleibt die Realität oft hinter diesen Zahlen zurück. Viele Leiharbeiter werden in die niedrigeren Entgeltgruppen eingruppiert – selbst dann, wenn ihre Tätigkeit eigentlich ein höheres Lohnniveau rechtfertigen würde. Auch hier fehlt es häufig an wirksamer Kontrolle.

Höchstüberlassungsdauer – keine dauerhafte Lösung

Seit der Reform des AÜG im Jahr 2017 gilt eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Danach muss der Entleihbetrieb den Leiharbeiter entweder fest übernehmen oder die Zusammenarbeit beenden. Klingt nach einem sinnvollen Schutzmechanismus – doch auch hier gibt es Ausnahmen.

Branchentarifverträge ermöglichen es, die Einsatzdauer auf bis zu 48 Monate auszudehnen. Für Betroffene bedeutet das oft jahrelange Unsicherheit, ohne eine Chance auf eine Festanstellung. „Zeitarbeit bleibt somit für viele leider ein Dauerzustand – von Übernahme keine Spur“, kritisiert Knoob.

Kündigungsschutz und Rechte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Leiharbeiter genießen den gleichen Kündigungsschutz wie andere Arbeitnehmer. Die gesetzlichen Kündigungsfristen richten sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Auch tarifliche Regelungen können greifen. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu kurzfristigen Beendigungen der Einsätze, die das Einkommen der Betroffenen abrupt gefährden.

Spesen und Zulagen – oft ein Streitpunkt

Gerade bei Einsätzen fernab des Wohnortes stellen sich Fragen zu Fahrtkostenerstattungen, Übernachtungspauschalen und Verpflegungszuschüssen. Zwar sehen viele Tarifverträge entsprechende Regelungen vor – doch längst nicht alle Zeitarbeitsfirmen halten diese transparent ein. Betroffene sollten ihre Ansprüche genau prüfen und sich bei Unklarheiten an den Betriebsrat oder die Gewerkschaft wenden.

Ältere Arbeitnehmer in der Zeitarbeit

Für ältere Arbeitnehmer kann die Zeitarbeit nach längerer Erwerbslosigkeit einen Weg zurück ins Berufsleben darstellen. Spezialisierte Personaldienstleister vermitteln gezielt über 50- oder 60-Jährige. Doch auch hier lauern Risiken: Gesundheitsaspekte, Belastbarkeit und Qualifikationen werden nicht immer ausreichend berücksichtigt. Zudem bleiben viele ältere Leiharbeiter dauerhaft in prekären Beschäftigungsverhältnissen gefangen.

Übernahme in Festanstellung: Nur selten Realität

Zwar steigt die Chance auf Übernahme durch den Einsatzbetrieb mit der Dauer der Beschäftigung. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt es jedoch nicht. Tarifverträge sehen teilweise Übernahmequoten vor – doch auch diese werden häufig unterlaufen oder umgangen.

Zeitarbeit bleibt ein umstrittenes Instrument

Die Bilanz zu dem Instrument der Zeitarbeit fällt somit aus Sicht der AUB höchst zwiespältig aus. Für Unternehmen bietet sie Flexibilität und geringere Personalkosten. Für viele Beschäftigte bedeutet sie hingegen Unsicherheit, schlechtere Bezahlung und das Gefühl, Arbeitnehmer zweiter Klasse zu sein.

Daher fordern wir seit Jahren strengere Regeln, bessere Kontrollen und die konsequente Durchsetzung von Equal Pay. „Zeitarbeit darf nicht dauerhaft zum Umgehen von Tariflöhnen und Arbeitsrechten missbraucht werden“, unterstreicht Rainer Knoob. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in unserem weiteren Blogartikel zu den Vorteilen und Nachteilen von Zeitarbeit .

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