Tarifverträge sollen in der Arbeitswelt für Klarheit und Fairness sorgen. Sie sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern. Doch warum gibt es verschiedene Arten von Tarifverträgen, und was beinhalten diese genau? In diesem Artikel werden wir Ihnen die verschiedenen Tarifvertragsarten einfach und verständlich erklären.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Kurz zusammengefasst: Was ist ein Tarifvertrag?
  2. Warum gibt es verschiedene Tarifvertragsarten?
  3. Welche Tarifvertragsarten werden unterschieden?
  4. Die Bedeutung der Tarifvertragsarten
  5. Fazit: Übersicht zu Tarifvertragsarten

Kurz zusammengefasst: Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband, die die Arbeitsbedingungen und Löhne regelt. Tarifverträge sollen auf diese Weise klare Bedingungen im Arbeitsverhältnis schaffen und die soziale Gerechtigkeit am Arbeitsplatz fördern.

Allerdings stehen Tarifverträge heute auch teilweise wegen ihrer Komplexität sowie der Intransparenz und der Benachteiligung von Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern in der Kritik – das gilt umso mehr, da die klare Mehrheit der Arbeitnehmer (rund 83 Prozent) in Deutschland gar nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist. Mit dieser Thematik setzen wir uns in einem weiteren Blogartikel auseinander.

Tarifverträge können auf Branchenebene oder für ein einzelnes Unternehmen abgeschlossen werden. Insbesondere enthalten sie Regelungen zu Arbeitszeit, Vergütung, Urlaub, Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Arbeitsbedingungen, Weiterbildung, Kündigungsschutz und vielem mehr. Dabei gibt es heute eine Vielzahl von Tarifvertragsarten. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht dazu.

Warum gibt es verschiedene Tarifvertragsarten?

Die Arbeitswelt ist vielfältig – und das gilt ebenso für die Bedürfnisse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. „Unterschiedliche Branchen und Unternehmen stehen vor verschiedenen Herausforderungen und Anforderungen, die eine flexible Gestaltung der Arbeitsbedingungen erfordern. Um diesen unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, sind verschiedene Arten von Tarifverträgen entstanden“, erläutert Ingrid Brand-Hückstädt, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Die rechtlichen Grundlagen dafür schafft das Tarifvertragsgesetz, das im Jahr 2019 sein 70-jähriges Bestehen feiern konnte. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hatte zum Jubiläum eine detaillierte Analyse und Beschreibung des Status quo vorgenommen. Heute gibt es eine Vielzahl an Tarifvertragsarten. Sie ermöglichen es, spezifische Vereinbarungen zu treffen, die auf die Besonderheiten einer Branche oder eines Unternehmens zugeschnitten sind.

Welche Tarifvertragsarten werden unterschieden?

Gerne geben wir Ihnen eine Übersicht zu den verschiedenen Tarifvertragsarten, ihren Zielen und ihren jeweiligen Vorteilen.

Flächentarifvertrag

Der Flächentarifvertrag ist die am weitesten verbreitete Form des Tarifvertrags in Deutschland. Er wird zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband abgeschlossen und gilt für alle Unternehmen der Branche, die dem Arbeitgeberverband angehören. Der Flächentarifvertrag regelt insbesondere einheitliche Standards für Löhne, Arbeitszeiten und andere Arbeitsbedingungen in einer gesamten Branche oder Region.

Manteltarifvertrag

Der Manteltarifvertrag regelt grundlegende Arbeitsbedingungen, die über einen längeren Zeitraum Bestand haben sollen, wie Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Kündigungsfristen und Zuschläge für Überstunden oder Schichtarbeit. Manteltarifverträge werden oft ergänzt durch Entgelttarifverträge, die die Höhe der Löhne und Gehälter festlegen.

Entgelttarifvertrag

Der Entgelttarifvertrag konzentriert sich auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Er legt die Höhe der Löhne und Gehälter fest und kann Regelungen zu Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschlägen enthalten. Entgelttarifverträge werden in der Regel für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen als Manteltarifverträge und regelmäßig neu verhandelt, um auf wirtschaftliche Veränderungen reagieren zu können.

Firmentarifvertrag

Der Firmentarifvertrag, oft auch Haustarifvertrag genannt, wird direkt zwischen einem einzelnen Unternehmen und der Gewerkschaft ausgehandelt. Er ist maßgeschneidert auf die spezifischen Bedingungen und Bedürfnisse des Unternehmens und seiner Beschäftigten. Firmentarifverträge können ergänzend zu einem Flächentarifvertrag existieren oder als eigenständige Vereinbarung fungieren, wenn das Unternehmen nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbands ist.

Änderungstarifvertrag

Ein Änderungstarifvertrag dient der Modifikation bestehender Tarifverträge. Er wird abgeschlossen, wenn sich Rahmenbedingungen verändert haben oder Anpassungen an vorherigen Vereinbarungen notwendig sind, ohne einen komplett neuen Tarifvertrag aushandeln und verabschieden zu müssen.

Branchenspezifische Tarifverträge

Neben diesen übergeordneten Kategorien sind auch branchenspezifische Tarifverträge zu nennen, die auf die besonderen Bedürfnisse und Anforderungen bestimmter Wirtschaftszweige zugeschnitten sind. Beispiele hierfür sind der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, der besondere Regelungen für Mitarbeiter im staatlichen Sektor festlegt, oder Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie, die oft als Vorreiter für andere Branchen gelten.

Diese spezifischen Tarifverträge ermöglichen es, auf die jeweiligen Herausforderungen und Dynamiken einer Branche einzugehen. Sie können etwa besondere Arbeitszeitmodelle, zusätzliche Sicherheitsvorschriften oder spezielle Weiterbildungsmaßnahmen umfassen, die in anderen Sektoren weniger relevant sind.

Die Bedeutung der Tarifvertragsarten

Tarifverträge spielen eine zentrale Rolle in der Gestaltung der Arbeitswelt. Sie sorgen nicht nur für faire Arbeitsbedingungen, sondern fördern auch den sozialen Frieden. Durch die Festlegung klarer Regeln und Standards sollen Tarifverträge zur Transparenz beitragen. Allerdings ist zu beobachten, dass Gewerkschaften dieses Mittel zunehmend verwenden, um Betriebsräte in ihrer Arbeit zu benachteiligen oder Nicht-Gewerkschaftsmitglieder komplett auszubooten.

Kritik an der Praxis bei Tarifverträgen

„Als unabhängige Arbeitnehmervertretung AUB stellen wir uns nicht grundsätzlich gegen Tarifverträge. Ganz im Gegenteil: Sie sind seit langen Jahrzehnten bewährt und erfüllen eine wichtige Funktion“, sagt Dirk Schaper, Vorstandsmitglied der AUB: „Allerdings bewerten wir die Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern als zunehmend kritisch und fragwürdig.“ Zudem hätten die Gewerkschaften zu einem Dschungel an Vereinbarungen beigetragen, der oft kaum noch zu durchschauen sei.

Dirk Schaper betont weiter: „Notwendige Tabellenerhöhungen wurden in den vergangenen Jahren zu oft durch Sondervereinbarungen ersetzt. Das geht zu Lasten von nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern und schwächt somit die Solidarität und den sozialen Frieden in den Unternehmen! Deshalb wünschen wir uns in dieser Hinsicht eine modernere Tarifvertragspolitik aller Beteiligten.“

Fazit: Übersicht zu Tarifvertragsarten

Tarifverträge sind ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung fairer und gerechter Arbeitsbedingungen. Die verschiedenen Tarifvertragsarten ermöglichen es, auf die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Branchen und Unternehmen einzugehen. Trotz ihrer Bedeutung stehen Tarifverträge vor verschiedenen Herausforderungen. Die Veränderungen in der Arbeitswelt, wie die zunehmende Digitalisierung und der Wandel zu flexibleren Arbeitsformen, erfordern eine kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung der Tarifvertragslandschaft. Zudem ist die Tarifbindung in einigen Branchen und Regionen seit Jahren stark rückläufig. Umso notwendiger ist es aus Sicht der AUB, das Instrument der Tarifverträge weiterzuentwickeln und besser an die heutigen Zeiten anzupassen. Wenn dies gelingt, können Tarifverträge auch in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Förderung sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Stabilität einnehmen

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