Das Arbeitsleben hinter sich lassen und die neue Freiheit genießen: Seien wir ehrlich, viele von uns sehnen sich einem erfüllten Ruhestand entgegen. Finanzielle Unabhängigkeit ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die „goldenen Jahre“ tatsächlich ihrem Namen gerecht werden. Daher gilt: Für den Einstieg in Ihre persönliche Ruhestandsplanung ist es nie zu früh!

In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihr zukünftiges Budget realistisch kalkulieren, Ihre Rentenlücke bestimmen, kluge Anlage- und Entnahmestrategien wählen und dabei Steuern, Kranken- und Pflegeversicherung im Blick behalten.

Inhalt

  1. Warum Ruhestandsplanung mehr umfasst als Zahlen
  2. Wann anfangen – und warum früher (fast) immer besser ist
  3. Der Weg in vier Etappen: Bestandsaufnahme, Budget, Rentenlücke, Maßnahmen
  4. Zeitplan nach Lebensphasen: Was ab 40, 50, 60 wichtig wird
  5. Typische Fehler – und wie Sie sie vermeiden
  6. Fazit: Gelassen in den Ruhestand

Warum Ruhestandsplanung mehr umfasst als Zahlen

Eine solide Ruhestandsplanung bedeutet, Ihren zukünftigen Lebensstandard bewusst zu planen und vorzubereiten. Im Erwerbsleben richten sich viele Menschen ihre Ausgaben automatisch am monatlichen Einkommen aus. Im Ruhestand dreht sich die Logik um: Aus unterschiedlichen Quellen fließen Einkünfte in teils neuer Höhe und Frequenz, während gleichzeitig Ausgabenblöcke wegfallen oder neu hinzukommen.

So ändern sich Einnahmen und Ausgaben im Ruhestand

Pendelkosten sinken, Reise- und Freizeitbudgets steigen oft, und Gesundheitsausgaben gewinnen mit der Zeit an Bedeutung. Ohne Planung bleibt unklar, ob die künftigen Netto-Einnahmen den gewünschten Lebensstil tragen – und ob Reserven für Unvorhergesehenes vorhanden sind. Eine gute Ruhestandsplanung liefert Ihnen Transparenz und damit Entscheidungsfreiheit.

Wann anfangen – und warum früher (fast) immer besser ist

Der beste Zeitpunkt ist heute. Denn in den 30er- und 40er-Lebensjahren arbeitet die Zeit doppelt für Sie: Einerseits profitieren Sie von Zinseszinseffekten und kostengünstigen, breit gestreuten Anlagen. Andererseits lassen sich Lebensentscheidungen – etwa Wohnen, Familie, Arbeitszeitmodelle – rechtzeitig mitdenken. Spätestens in den frühen 50er-Jahren sollten Sie systematisch vorgehen: Nun liegen belastbare Daten zu Ihren Rentenansprüchen und zu betrieblichen wie privaten Verträgen vor.

Rechtzeitig mit der eigenen Planung beginnen

In dieser Phase lohnt es sich, die jährliche Renteninformation genau zu lesen, das Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung zu klären und fehlende Nachweise wie Ausbildungszeiten zu ergänzen. Wer 10 bis 15 Jahre vor dem geplanten Rentenstart beginnt, hat in der Regel genug Zeit, um Sparraten anzupassen, das Portfolio auszubalancieren, Restschulden zu tilgen und die Wohnsituation strategisch auszurichten.

Die Bausteine Ihres Ruhestandseinkommens

Die gesetzliche Rente bildet in Deutschland für die meisten Menschen das Fundament. Beachten Sie dabei bitte: Die Regelaltersgrenze steigt schrittweise auf 67 Jahre, diese Grenze gilt dann für alle Jahrgänge ab 1964 und jünger. Ein früherer Rentenbeginn ist möglich, führt aber in der Regel zu dauerhaften Abschlägen, während ein späterer Start Zuschläge bringen kann. Daneben spielt die betriebliche Altersversorgung eine bedeutende Rolle: Durch Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschüsse lassen sich Bausteine für garantierte oder lebenslange Leistungen aufbauen.

Ergänzend kommt die private Vorsorge hinzu – vom klassischen Rentenvertrag bis hin zu kapitalmarktbasierten Lösungen wie ETF-Sparplänen. Wer Immobilien besitzt, kann Wohnkosten reduzieren oder Mieteinnahmen generieren, sollte aber Instandhaltungs- und Leerstandsrisiken realistisch einkalkulieren. Schließlich sind Neben- oder Erwerbseinkünfte im Ruhestand ein wirkungsvoller Hebel: Sie glätten das Einkommen, erhalten soziale und fachliche Einbindung und ermöglichen es, Teile des Vermögens länger investiert zu lassen.

Der Weg in vier Etappen: Bestandsaufnahme, Budget, Rentenlücke, Maßnahmen

Der Einstieg gelingt am besten mit einer gründlichen Bestandsaufnahme:

  • Sammeln Sie die aktuellen Unterlagen zur gesetzlichen Rente, zu Ihrer bAV und zu privaten Verträgen.
  • Listen Sie Depots, Tages- und Festgelder, Bausparer, Lebens- und Rentenversicherungen sowie Immobilien mit realistischen Marktwerten und Restschulden auf.
  • Sorgen Sie dafür, dass Ihre Rentenunterlagen vollständig sind – eine rechtzeitige Kontenklärung wirkt oft wie ein stiller Renditeturbo, weil sie späteren Ärger und Lücken vermeidet.

Auf dieser Basis entwickeln Sie ein Ruhestandsbudget. Trennen Sie nicht nur „fixe“ und „variable“ Ausgaben, sondern denken Sie auch in Szenarien: Wie verändert sich Ihr Konsum, wenn Sie mehr reisen? Welche Gesundheits- oder Pflegekosten könnten im Alter zunehmen? Gibt es größere, seltene Ausgaben – etwa eine Badsanierung, einen Autokauf oder die Unterstützung von Angehörigen? Je ehrlicher diese Kalkulation ausfällt, desto verlässlicher sind die Schlüsse, die Sie daraus ziehen.

Die individuelle Rentenlücke berechnen

Anschließend stellen Sie Einnahmen und Ausgaben gegenüber und berechnen Ihre Rentenlücke – monatlich wie auch einmalig als Kapitalbedarf. Die Differenz zeigt, ob Ihre bisherige Vorsorge ausreicht oder ob Sie nachsteuern sollten. Typische Maßnahmen sind eine Erhöhung der Sparrate, die Optimierung des Anlage-Mixes, das Tilgen von Schulden und die Hebung von Arbeitgeberzuschüssen in der bAV.

Auch die Gestaltung des Rentenbeginns gehört in diese Etappe: „Wer früher gehen möchte, kann Abschläge einkalkulieren oder – je nach Regelwerk – mit Sonderzahlungen gegensteuern. Wer später beginnt, profitiert von Zuschlägen und gewinnt zusätzliche Beitragszeiten“, erläutert Ute Herzog, Coach und Expertin in der AUB-Geschäftsstelle.

Weiterarbeiten im Alter: Flexibler Hinzuverdienst und Aktivrente

Viele Menschen möchten im Ruhestand nicht abrupt auf null Arbeitsstunden gehen. Das hat finanzielle und persönliche Gründe: Der Hinzuverdienst kann eine Rentenlücke schließen, den Vermögensverzehr verlangsamen und zugleich Struktur, Sinn und soziale Kontakte erhalten. Auch das Modell der Altersteilzeit kann eine Lösung für Sie sein – informieren Sie sich am besten frühzeitig dazu.

Seit 2023 sind die Möglichkeiten zum Hinzuverdienst deutlich flexibler geworden. Für Altersrenten gibt es – abhängig von der konkreten Rentenart – keine starren Hinzuverdienstgrenzen mehr, sodass sich Arbeit und Rente in vielen Fällen frei kombinieren lassen. Wer nur wenige Stunden arbeiten möchte, nutzt häufig ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Die Minijob-Grenze orientiert sich am gesetzlichen Mindestlohn; damit bleibt das Modell praktisch und transparent.

Über diese Modelle hinaus startet 2026 die sogenannte Aktivrente: Die Grundidee lautet, freiwillige Erwerbstätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver zu machen – durch steuerliche Anreize für einen begrenzten monatlichen Zusatzverdienst von bis zu 2.000 Euro.

Die Auszahlphase: Entnahmepläne, Liquidität und Risikomanagement

Mit dem Rentenstart verändert sich Ihr Finanzverhalten: Nun heißt es, aus dem Ersparten regelmäßig und planvoll zu entnehmen. Erfolgreich ist, wer Liquidität und Risiko im Gleichgewicht hält. Bewährt hat sich, die ersten zwei bis drei Jahresbudgets auf sicheren Konten vorzuhalten. Dieses Polster kostet kaum Nerven und verhindert, dass Sie in schwachen Marktphasen Wertpapiere verkaufen müssen.

Steuern und Sozialabgaben verstehen – für eine verlässliche Nettoplanung

Für die Machbarkeit Ihrer Ruhestandsziele kommt es auf Nettowerte an. Deutschland kennt die nachgelagerte Besteuerung: Beiträge zur Basisversorgung werden steuerlich begünstigt, dafür sind Renten später zu versteuern – in einer Höhe, die vom Rentenbeginn abhängt und sich über die Jahre schrittweise verändert. Daneben wirken der Grundfreibetrag, mögliche Sonderausgaben, Werbungskostenpauschalen, Kapitalerträge und weitere Einkünfte. Auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mindern die Nettoleistung spürbar und sollten deshalb in jeder Planung enthalten sein.

Zeitplan nach Lebensphasen: Was ab 40, 50, 60 wichtig wird

  • Ab etwa 40 rückt die Weichenstellung in den Vordergrund. Ihre Ruhestandsplanung profitiert am meisten von stabilen Routinen: eine angemessene Sparquote, automatisierte ETF-Sparpläne, eine aktive Nutzung der bAV inklusive möglicher Arbeitgeberzuschüsse. Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, über die langfristige Wohnstrategie nachzudenken, denn Immobilienentscheidungen wirken über Jahrzehnte. Wer eine Familie gründet, sollte den Versicherungsschutz prüfen – von der Berufsunfähigkeit bis zur Risikolebensversicherung.
  • Zwischen 50 und 55 wächst die persönliche Datentiefe. Die jährliche Renteninformation liefert belastbare Hochrechnungen; eine Kontenklärung schafft Rechtssicherheit. In dieser Phase lohnt der erste vollständige Ruhestandsentwurf: Sie erfassen Ihr Vermögen, modellieren Ausgaben und ermitteln die Rentenlücke. Eventuell passen Sie die Sparrate an, tilgen Restschulden oder justieren den Aktienanteil im Portfolio. Auch größere Vorhaben – eine energetische Sanierung, ein Umzug, die Unterstützung von Angehörigen – lassen sich nun mit Blick auf den Ruhestand terminieren.
  • Ab 60 ist Feinschliff angesagt. Sie spielen Szenarien durch: früher gehen, regulär starten oder später arbeiten? Die Unterschiede sind nicht nur rechnerisch, sondern auch psychologisch bedeutsam. Parallel bauen Sie die Liquiditätsreserve für die ersten Jahre auf und legen Ihre persönliche Entnahmestrategie fest. Spätestens drei Monate vor dem geplanten Start stellen Sie den Rentenantrag, klären den Status bei der Krankenkasse und prüfen gegebenenfalls die steuerlichen Freibeträge. Wer weiterarbeiten möchte, stimmt Umfang, Vertragsform und Nebeneinkünfte so ab, dass sie zur Gesamtplanung passen.

5 typische Fehler in der Ruhestandsplanung – und wie Sie diese vermeiden

  • Ein typischer – und leider allzu häufiger – Fehler ist der späte Start in die eigene Ruhestandsplanung. Wer erst kurz vor dem Rentenantrag feststellt, dass die Lücke groß ist, hat weniger Stellhebel und muss oft schmerzhafte Kompromisse eingehen. Beginnen Sie früh – es zahlt sich doppelt aus.
  • Ein zweiter häufiger Fehler ist die Planung mit Bruttowerten. Steuern und Beiträge sind keine Nebensache, sondern ein zentraler Teil der Nettokalkulation.
  • Drittens werden Rentenunterlagen manchmal ungeprüft abgeheftet. Fehlende Zeiten, falsche Daten oder nicht gemeldete Ausbildungsabschnitte können dauerhaft Geld kosten; eine rechtzeitige Kontenklärung verhindert das.
  • Ebenso verbreitet sind Extreme in der Geldanlage. Ein Depot nur aus „sicheren“ Anlagen schützt zwar vor Schwankungen, erschwert aber die reale Kaufkrafterhaltung. Ein Depot nur aus risikoreichen Titeln ist in der Auszahlphase nervenaufreibend und anfällig für ungünstige Verkäufe.
  • Schließlich wird die persönliche Wohnsituation häufig unterschätzt. Eine zu große, pflegeintensive Immobilie kann das Budget unnötig belasten, während eine rechtzeitig angepasste Lösung finanziell und organisatorisch entlastet.

Wer diese Fallstricke meidet und seine Planung jährlich schlank überprüft, baut ein robustes System auf.

Fazit: Gelassen in den Ruhestand

Eine gute Ruhestandsplanung ist keine Frage der Perfektion, sondern der Klarheit. Mit einer sauberen Bestandsaufnahme, einem ehrlichen Budget, einer realistischen Rentenlücke und klaren Maßnahmen gewinnen Sie das Wichtigste: Wahlfreiheit. Sie entscheiden, ob Sie früher aufhören, regulär starten oder bewusst länger arbeiten. Und Sie behalten Steuern, Beiträge und Wohnkosten im Blick, statt von ihnen überrascht zu werden.

Wer früh beginnt, regelmäßig prüft und ruhig nachjustiert, geht nicht nur in Rente – er geht sorgloser in den nächsten Lebensabschnitt.

Ein wichtiger Hinweis: Gesetzliche Regelungen – insbesondere zu Hinzuverdienst, Steuern, Krankenversicherung und Aktivrente – können sich ändern. Prüfen Sie den aktuellen Stand, wenn konkrete Entscheidungen anstehen. Wir informieren regelmäßig an dieser Stelle – zudem stehen Ihnen unsere Kolleginnen und Kollegen in der AUB Geschäftsstelle bei Fragen zur Verfügung.

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