Wie viel Urlaub steht mir zu? Der gesetzliche Anspruch auf Erholungsurlaub bildet ein zentrales Thema im Arbeitsrecht und betrifft alle Arbeitnehmer. In diesem Blogartikel geben wir Ihnen einen umfassenden Überblick über Ihren Urlaubsanspruch. Sie erfahren, wie Sie Ihren Urlaubsanspruch berechnen können und welche Besonderheiten bei verschiedenen Beschäftigungsformen oder in bestimmten Lebenssituationen – von Mutterschutz über Krankheitsfälle bis zum Fall einer Kündigung – zu beachten sind.
Inhaltsverzeichnis:
- Definition: Was ist der gesetzliche Urlaubsanspruch?
- Urlaubsanspruch berechnen
- Urlaubsanspruch in unterschiedlichen Beschäftigungssituationen
- Fazit
Definition: Was ist der gesetzliche Urlaubsanspruch?
Beim Urlaubsanspruch handelt es sich um das im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verbriefte Recht eines Arbeitnehmers auf bezahlte Erholungszeit. Dieser Anspruch ist somit gesetzlich verankert und soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer regelmäßig die Möglichkeit haben, sich von der Arbeit zu erholen und neue Kraft zu schöpfen. Der Anspruch auf Erholungsurlaub dient dem Schutz der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Arbeitnehmer und ist daher ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsverhältnisses.
Urlaubsanspruch berechnen
Auch der Umfang des Urlaubsanspruchs ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Laut § 3 BUrlG beträgt der jährliche Mindesturlaubsanspruch für Arbeitnehmer 24 Werktage, basierend auf einer Sechs-Tage-Woche. Für eine Fünf-Tage-Woche sind es entsprechend 20 Arbeitstage. Ingrid Brand-Hückstädt, Fachanwältin für Arbeitsrechte und Rechtsexpertin der AUB, erklärt dazu: „Der Mindestanspruch gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie in Vollzeit, Teilzeit oder im Minijob arbeiten.“
Tabelle zur Berechnung des Urlaubsanspruchs
Hier eine Tabelle, mit der Sie auf einfache Weise Ihren individuellen Mindest-Urlaubsanspruch ermitteln könne:
Anzahl der Arbeitstage pro Woche | Gesetzlicher Urlaubsanspruch | Rechenformel | Anzahl der Urlaubstage pro Jahr |
6 Arbeitstage | 4 Wochen | 6*4=24 | = 24 Urlaubstage |
5 Arbeitstage | 4 Wochen | 5*4= 20 | = 20 Urlaubstage |
4 Arbeitstage | 4 Wochen | 4*4 = 16 | = 16 Urlaubstage |
3 Arbeitstage | 4 Wochen | 3*4 = 12 | = 12 Urlaubstage |
2 Arbeitstage | 4 Wochen | 2*4 = 8 | = 8 Urlaubstage |
1 Arbeitstage | 4 Wochen | 1*4=4 | = 4 Urlaubstage |
Meist besteht ein höherer Anspruch
Zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub können durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder individuelle Arbeitsverträge weitere Urlaubstage gewährt werden. Meist haben Arbeitnehmer heutzutage bei einer 5-Tage-Woche Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr. „Es ist daher wichtig, die spezifischen Regelungen im eigenen Arbeitsvertrag zu prüfen oder auch an bestehenden Tarifverträgen für die eigene Branche zu orientieren“, erklärt Ingrid Brand-Hückstädt weiter.
Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte Menschen haben einen zusätzlichen Urlaubsanspruch von fünf Arbeitstagen pro Jahr. Dieser Zusatzurlaub ist im Sozialgesetzbuch verankert und kann nicht durch den Arbeitgeber gekürzt werden – siehe dazu § 125 SGB IX.
Urlaubsanspruch in unterschiedlichen Beschäftigungssituationen
Schon diese kurzen Erläuterungen machen deutlich: Der individuelle Urlaubsanspruch ist von verschiedenen Einflussfaktoren, wie dem Arbeitszeitmodell oder den weitergehenden Unternehmensregelungen, abhängig. Im Folgenden betrachten wir verschiedene Beschäftigungssituationen und ihren jeweiligen Urlaubsanspruch.
Urlaubsanspruch Vollzeit
Für Vollzeitbeschäftigte mit einer Fünf-Tage-Woche ist die Berechnung einfach: Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage pro Jahr. Viele Tarifverträge oder individuelle Arbeitsverträge gewähren jedoch deutlich mehr Urlaub.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Jahr. Dieser Anspruch geht somit über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus und wird in der Regel im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegt.
Urlaubsanspruch Teilzeit
Teilzeitbeschäftigte haben ebenfalls Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Der Urlaubsanspruch wird anteilig berechnet. Es gelten die gleichen Regeln wie für Vollzeitbeschäftigte, jedoch wird der Urlaubsanspruch entsprechend der Anzahl der wöchentlich gearbeiteten Tage angepasst.
Ein Beispiel:
- Ein Arbeitnehmer arbeitet drei Tage pro Woche.
- Der gesetzliche Mindesturlaub für Vollzeitbeschäftigte beträgt 20 Tage.
- Der individuelle Urlaubsanspruch: (20 Tage / 5 Arbeitstage) * 3 Arbeitstage = 12 Tage Urlaub.
Teilzeitbeschäftigte sollten darauf achten, dass ihr Urlaubsanspruch nicht aufgrund ihrer reduzierten Arbeitszeit gekürzt wird. Der Urlaub sollte proportional zu ihrer Arbeitszeit berechnet werden, um sicherzustellen, dass sie die gleiche Erholungszeit wie Vollzeitbeschäftigte erhalten. Dazu unterstreicht Ingrid Brand-Hückstädt: „Eine genaue Berechnung sollte im Zweifel oder bei Konfliktfällen mit dem Arbeitgeber oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht abgestimmt werden.“
Urlaubsanspruch im Minijob
Minijobber haben den gleichen gesetzlichen Urlaubsanspruch wie Vollzeitbeschäftigte. Dieser Anspruch darf auch nicht beispielsweise durch eine höhere Vergütung abgegolten werden. Die Berechnung erfolgt ebenfalls anteilig, basierend auf den tatsächlich gearbeiteten Tagen.
Ein Beispiel:
- Ein Minijobber arbeitet zwei Tage pro Woche.
- Der gesetzliche Mindesturlaub für Vollzeitbeschäftigte beträgt 20 Tage.
- Der individuelle Urlaubsanspruch: (20 Tage / 5 Arbeitstage) * 2 Arbeitstage = 8 Tage Urlaub.
Ingrid Brand-Hückstädt dazu: „Auch Minijobber haben das Recht auf bezahlten Urlaub und sollten sicherstellen, dass sie diesen Anspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber geltend machen.“ Minijobber sollten dazu ihre Arbeitszeiten genau dokumentieren und sicherstellen, dass sie ihren Urlaubsanspruch rechtzeitig beim Arbeitgeber geltend machen. Wichtig: Den Urlaub am besten schriftlich beantragen und die Zustimmung des Arbeitgebers ebenfalls schriftlich einfordern.
Urlaubsanspruch bei Kündigung
Wenn das Arbeitsverhältnis während des laufenden Kalenderjahres endet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub, sofern er nach dem 30. Juni ausscheidet (§ 5 BUrlG). Scheidet der Arbeitnehmer vor dem 30. Juni aus, steht ihm nur der anteilige Urlaubsanspruch zu.
Ein Beispiel:
- Kündigung zum 31. März
- Jahresurlaubsanspruch: 20 Tage
- Anteilig: (3/12) * 20 Tage = 5 Tage Urlaub
Endet das Arbeitsverhältnis beispielsweise am 31. August, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, da er nach dem 30. Juni ausscheidet. Wichtig ist hier, dass auch in der Kündigungsfrist der verbleibende Urlaub genommen werden kann oder ausgezahlt werden muss.
Urlaubsanspruch bei Aufhebungsvertrag
Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich. Auch hier gilt: Der Urlaubsanspruch muss entsprechend der verbleibenden Arbeitszeit berechnet und entweder gewährt oder ausgezahlt werden. „Es empfiehlt sich, den Urlaubsanspruch im Aufhebungsvertrag explizit zu regeln, um Missverständnisse zu vermeiden“, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht dazu. Informieren Sie sich bei Bedarf auch weiter zum Thema Kündigung und Abfindung.
Urlaubsanspruch in Elternzeit
Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis, aber der Urlaubsanspruch bleibt bestehen. Der Arbeitgeber darf jedoch den Jahresurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen, so das Bundeselterngeldgesetz in § 17 BEEG. Der verbleibende Urlaub kann vor oder nach der Elternzeit genommen werden.
Arbeitnehmer in Elternzeit sollten ihren Arbeitgeber frühzeitig über ihren Wunsch informieren, ihren verbleibenden Urlaub nach der Elternzeit zu nehmen. Es kann sinnvoll sein, dies schriftlich festzuhalten, um spätere Missverständnisse zu vermeiden. Der Urlaub kann nach der Rückkehr aus der Elternzeit in Absprache mit dem Arbeitgeber geplant werden.
Urlaubsanspruch Mutterschutz
Der Mutterschutz umfasst die Zeit sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt (bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Geburt). Der Urlaubsanspruch bleibt während des Mutterschutzes bestehen und verfällt nicht. Der Urlaub kann nach dem Mutterschutz oder der Elternzeit genommen werden.
Arbeitnehmerinnen sollten sicherstellen, dass ihr Urlaubsguthaben vor und nach dem Mutterschutz korrekt berechnet wird. Der Mutterschutzzeitraum darf nicht zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs führen. Es empfiehlt sich, den Urlaub in Absprache mit dem Arbeitgeber zu planen, um nahtlos an den Mutterschutz anzuschließen.
Urlaubsanspruch bei Krankheit
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet, wenn eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt wird. Diese Tage können zu einem späteren Zeitpunkt als Urlaub genommen werden.
Es ist wichtig, dass die Krankheit unverzüglich dem Arbeitgeber gemeldet wird und eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt wird. Nur so können Sie als Arbeitnehmer sicherstellen, dass die Krankheitstage nicht als Urlaubstage gewertet werden. Ausführliche Tipps und rechtliche Informationen dazu haben wir für Sie in einem separaten Blogartikel zusammengefasst.
Urlaubsanspruch für Langzeitkranke
Arbeitnehmer, die über längere Zeiträume erkrankt sind, behalten ihren Urlaubsanspruch. Der Urlaub verfällt jedoch 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 3 BUrlG festgelegt. Das bedeutet, dass der Resturlaub aus dem Jahr 2024 spätestens am 31. März 2026 genommen werden muss.
Langzeitkranke sollten ihren Urlaub im Blick behalten und rechtzeitig mit dem Arbeitgeber besprechen, wie der verbleibende Urlaubsanspruch genutzt werden kann. Es ist ratsam, sich frühzeitig über die Möglichkeiten zur Nutzung der Urlaubstage zu informieren und bei Zweifelsfällen juristischen Rat einzuholen.
Urlaubsanspruch Probezeit
Auch während der Probezeit haben Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub. Der volle Urlaubsanspruch entsteht jedoch gemäß Bundesurlaubsgesetz aber erst nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit, siehe dazu § 4 BUrlG. Vorher hat der Arbeitnehmer einen anteiligen Anspruch auf Urlaub.
Fazit
Urlaub muss sein! Unabhängig von ihrer Beschäftigungsform (Vollzeit, Teilzeit, Minijob) haben Sie als Arbeitnehmer gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Besonderheiten gelten für Arbeitnehmer während der Elternzeit, des Mutterschutzes und bei Krankheit. Während der Probezeit wiederum besteht ein anteiliger Urlaubsanspruch. Deshalb sollten Sie Ihre eigene Situation und den individuellen Urlaubsanspruch genau kennen. Bei Fragen darüber hinaus ist jederzeit die AUB Geschäftsstelle für Sie da.